Gerade für die Spilburg gilt: Daseinsfürsorge ist keine Einbahnstraße
Die EAB hat nach der Privatisierung durch den Bund die Heizwerke und das Nahwärmenetz in den ehemaligen Kasernenbereichen in der Spilburg und im Westend betrieben. Im Spätsommer des vergangenen Jahres nahm die Unzuverlässigkeit des Versorgers bis zur Unerträglichkeit zu.
Gerade im Westend waren Betriebsausfälle an der Tagesordnung. Leckagen im Leitungsnetz, gänzlicher Ausfall der Heizanlage sind Stichworte, die wohl niemand im Quartier mehr hören kann.
Im Bereich der Spilburg kam es auch zu „Leistungsstörungen“, doch bei Weitem nicht in dem Maß, wie es die Anwohnerinnen und Anwohner im Westend zu ertragen hatten.
Die Geschäftsführung des Unternehmens war nicht mehr erreichbar und am Ende stand die vorläufige Insolvenz.
Niemand war zu greifen. Nach dem Energiewirtschaftsrecht gibt es keine Aufsicht gegenüber Betreibern derartiger Anlagen. Folglich konnte der „GAU“ nicht abgewandt werden, fehlte doch auf jeder Ebene der Hebel, um aus dem Blickwinkel der öffentlichen Hand wirklich tätig werden zu können.
Also trat die Stadt in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Daseinsfürsorge ein, damit im Rahmen des Möglichen niemand in den Wintermonaten im Kalten sitzen musste. Dabei verfolgte sie das Ziel, nicht nur eine kurz- sondern eine mittel- bis langfristige Perspektive für die Wärmeversorgung anzubieten.
Gemeinsam mit der enwag und vielen sehr kooperativen Unternehmen hat die Stadt Leckagen geortet, geschlossen und alles daran gesetzt, das Netz im Westend wieder in einen betriebsfähigen Zustand zu versetzen. Doch im Westend war es eben nicht nur das Netz, das von der EAB in einem äußerst schadhaften Zustand hinterlassen wurde, sondern die Wärmeerzeugungsanlagen selbst waren in einem technisch ungenügenden Zustand, der es letztendlich nicht ermöglichte, in der vergangenen Heizperiode nochmals Wärme für die angeschlossenen Abnehmer im Westend zu produzieren. Daher mussten Provisorien herhalten und einzelne Haushalte, die den Weg beschreiten konnten, werden sich anderweitig orientiert haben und sind damit für die eigentlich sinnvolle Nahwärmeversorgung womöglich als Kunde nicht mehr zurückzugewinnen.
In Bereich der Spilburg hat die Stadt Wetzlar mit der enwag und weiteren unterstützenden Unternehmen und damit am Ende mit jedem Steuerbürger dieser Stadt dazu beigetragen, dass Schäden am Heizwerk der EAB behoben und die angeschlossenen Haushalte und Unternehmungen recht verlässlich mit Wärme versorgt werden konnten. Dazu sicherte die Stadt die Gaslieferungen an die EAB ab, die ansonsten von dem Versorger hätten eingestellt werden müssen. Im Gegenzug erwartete nicht nur der vorläufige Insolvenzverwalter der EAB, sondern insbesondere die Stadt, dass die Bezieher der Wärmeleistungen ihre Zahlungen endlich aufnehmen und damit in der Stadtkasse für einen Rückfluss der für sie vorfinanzierten Mittel sorgen. Doch weit gefehlt: Das Gros der angeschlossenen Parteien hält bis zum heutigen Tag Zahlungen zurück und beruft sich darauf, dass die Zähler der EAB nicht mehr geeicht seien und dass man auch ansonsten in Auseinandersetzungen mit der EAB gestanden habe. Aber die Wärme hat man gerne genommen.
Das Stadtparlament ist jetzt auf der Grundlage einer von dem zuständigen Stadtrat Norbert Kortlüke (Bündnis 90/Die Grünen) und Oberbürgermeister Manfred Wagner (SPD) eingebrachten Vorlage ein weiteres Mal tätig geworden.
So hat die Stadt letztmalig die Gasbelieferung der enwag, die bis dato trotz aller Bemühungen ja auch nur in der Spilburg in Wärmeleistungen umgewandelt werden konnte, bis zum Ende des Monats Mai abgesichert. Die Kommune erwartet, dass alle in der Spilburg angeschlossenen Abnehmer nun ihre Zahlungen für die zurückliegende Zeit und auch in der Zukunft leisten werden. „Ansonsten“, so Oberbürgermeister Manfred Wagner, „wird es keine Wärmeversorgung geben. Das ist in den Sommermonaten sicher zu ertragen, aber auch ein klares Signal an die Verbraucher: Die Stadt ist nicht die EAB, die Stadt hatte auch keine Aufsicht über die EAB sondern hat mit allen Betroffenen Solidarität geübt. Das Mindeste, was man erwarten darf ist, dass bezogene Leistungen bezahlt und die Vorleistungen der Gemeinschaft der Steuerzahler unverzüglich ausgeglichen werden.“
Dessen ungeachtet wird es von der Stadt gemeinsam mit der enwag als vertretbar angesehen, für die Heizungsanlage und das Netz in der Spilburg ein Gebot abzugeben. Selbiges gilt für das Leitungsnetz im Westend, nicht aber für die dortige Kesselanlage, die in einem maroden Zustand ist. Wärme und Warmwasser soll hier mittels zweier Anlagen, die auf einem städtischen Grundstück kurzfristigst errichtet und an das Netz angeschlossen werden, erzeugt werden. Dies sichert die Versorgung der angebundenen Abnahmestellen und gibt zugleich die notwendigen zeitlichen Freiräume, um im Zusammenhang mit der bevorstehenden kommunalen Wärmeversorgung die Frage zu klären, welche Wärmeversorgung für das Quartier im Bereich der ehemaligen Sixt-von-Armin-Kaserne die gebotene ist.
Manfred Wagner abschließend: „Wir – und da meine ich insbesondere Stadtrat Kortlüke, aber auch das Gros der Kolleginnen und Kollegen der Stadtverordnetenversammlung – haben in dieser Lage zupackend gehandelt. Wir haben das Wort „Daseinsfürsorge“ mit Leben erfüllt. Jetzt sind wir auf der Zielgeraden und können nicht zulassen, dass von versorgten Abnehmern die dafür zu zahlenden Leistungen nicht erbracht werden. Das überstrapaziert den Gedanken der Solidarität doch außergewöhnlich stark.“